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Die Elefantenrunde

Kurz nachdem Bush sehr merkwürdig ins Weisse Haus gehievt wurde, stellte ein Mensch in de.talk.tagesgeschehen die interessante These auf:

> > Die IMO angenehmsten Politiker:
> >
> > 1. Gerhard Schröder
> > 2. Gregor Gysi
> > 3. Edmund Stoiber

Worauf ein anderer kommentierte:

> Diese Liste finde ich mutig wie unorthodox ;-)
> Was wohl Gysi und Stoiber
> dazu sagen würden?

Diese Frage schien es wert, ein wenig näher beleuchtet zu werden.

<tv=on>

Speaker Guten Tag, liebe Zuschauer! Wir begrüssen Sie zu unserer neuen Sendung "Die Elefantenrunde nach der Präsidentschaftswahl". Aus technischen Gründen musste die Sendung mehrfach verschoben werden. Dafür ist es uns gelungen, Ernst-Dieter Lueg für die Moderation zu gewinnen.

Lueg Hmmmmmm ja, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich freue mich besonders, meine wohlverdiente Pension für diesen aussergewöhnlichen Abend unterbrechen zu dürfen...

Stoiber (rutscht unruhig auf seinem Stuhl)

Lueg ...weil wir dieses neue Sendekonzept doch mit einiger Brisanz erfüllt haben. Meine Gäste bedürfen keiner Vorstellung (Lächeln mit einem Mundwinkel, auch "luegcheln" genannt)...

Schröder (grinst verlegen)

Gysi Och, wat...

Stoiber (verblüfft, weil sein Eingangsstatement nun in den Orkus geht) Äh...

Lueg ...darum gleich die erste Frage an den Herrrrrrrn Bundeskanzler: Wie konnte das passieren? Kann das auch bei uns passieren? Was passiert dann?

Schröder Hähä! Das sind drei Fragen, Herr Lueg!

Lueg (luegchelt)

Schröder Sehen wir das mal ganz pragmatisch: Als ich noch kleiner Landtagsabgeordneter in Hannover war...

Lueg (zuckt zusammen)

Stoiber Oh nein, nicht schon wieder...!

Gysi (zu Gysi) Wieso nicht? Sie kennen die Nummer doch noch vom Kohl...!?

Schröder ...haben wir uns oft Gedanken gemacht, wie man in so einem Fall vorgehen könnte. Das ist nämlich gar nicht so einfach. Ein Blick hinter die nahe Grenze zeigte ja...

Gysi (zu Schröder) Das ist mir aber damals komplett entgangen, dass Sie sich für irgendetwas interessiert hätten, was hinter Wolfsburg liegt.

Stoiber Ist ja heute noch so. Der heisse Draht endet in Wolfsburg. In der Vorstandsetage.

Gysi (zu Stoiber) Ach was? Seit wann stört Sie das denn? Halten Sie BMW-Aktien?

Lueg (luegchelt)

Schröder (leicht ungehalten) ...zeigte jedenfalls, dass auch der gegenteilige Fall von dem, was wir jetzt bei unseren Freunden in den USA...

Gysi (zu Schröder) Ihre Freunde, nicht unsere!

Stoiber Moment mal...

Schröder (zu Gysi) Ist mir schon klar, dass Sie keine Freunde kennen. Sie hatten ja nur "Brüder". Und das ist der Unterschied: Freunde kann ich mir aussuchen, Verwandte nicht. (in die Kamera) Jedenfalls... ist ein zu deutliches Wahlergebnis auch nicht besser als ein zu knappes, und deshalb...

Stoiber Moment mal...

Lueg Vielleicht sollten wir Herrn Stoiber auch mal...

Stoiber Jo, genau. Des kann i auf keinen Fall...

Schröder (unbeirrt) ...haben wir eine Forschungsgruppe eingesetzt, die...

Lueg ja, vielen Dank, Herrrrr Budeskanzler! Herrrrrrr Ministerpräsident, Sie...

Stoiber Herr Stoiber langt scho.

Lueg Ähh... Ja. Ihre Errrrrrrrfahrungen mit Mehrheitspolstern sind ja nun wirklich andere. Wie verkraften Sie denn...

Stoiber Locker, ganz locker. Wir haben in Bayern nun wirklich keine Berührungsängste mit der Mehrheitsmeinung des Volkes.

Gysi (zu Stoiber) Sie verwechseln da was! Sie meinen: Aktionärsmehrheit.

Schröder (zu Gysi) Hähä! Sie werden's nicht glauben, Herr Gysi: Das Sie den Unterschied kennen, nehme ich Ihnen ab.

Gysi Wenn det alles is, watse mir abnehm wolln, könnenset haben.

Lueg Hmmmmmmmmmm... Wir sollten aber allmählich schauen, dass wir wieder auf den Kern der Sache zurückkommen. Ich unterstelle, dass keiner der Herren die "demokratischen" Verhältnisse innerhalb einer AG hier zum Masstab nehmen will. (lacht gekünstelt)

Gysi (holt tief Luft...)

Schröder (guckt irritiert)

Stoiber (guckt noch blöder) Jo... mei... Wenn i mir des so überleg... Warum eigentlich net...?

Schröder (denkt krampfhaft. Unübersehbar. Spiegel-Titelbild-Blick-in-die-Ferne-Gesichtsausdruck)

Gysi (lässt die Luft wieder ab) Pfffffffffffffffffffffft!

Lueg (sprachlos)

Schröder (Handy klingelt. Schröder beugt sich zur Seite.) Ja? Nein, Herr Piech, jetzt auf keinen Fall! (legt auf)

Stoiber Jo, i mein, wo ja jetzt auch bei uns die Wahlbeteiligung sinkt, gell...?

Lueg Ja, in der Tat, das tut Sie. Und was meinen Sie damit, Herrrrrr Minis... äh Stoiber?

Gysi (holt vorsichtig wieder Luft)

Stoiber Naja, i mein, waruhm machen wir net aus den Barteien Aktienxellschaften, an denen alle Bürger demokratisch Anteile erwerben können?

Gysi "alle Bürger" oder "alle Deutschen"?

Stoiber Bundesbürger!

Gysi Auch ...Innen?

Stoiber Wos?

Schröder Äh... Moment mal...!

Gysi BundesbürgerINNEN! Frauen!

Stoiber Warum net? Wenn's über an Geld verfügen?

Lueg (luegcheln)

Schröder Das ist doch Blödsinn! Wie wollen Sie denn die Kapitalhöhe bestimmen?!

Stoiber No, wie jetzt auch.

Schröder ...???

Stoiber No, wie is des denn jetzt? Die Leit wählen. Machen a Kreuz, und...

Lueg Womit wir wieder beim Thema wären! In den USA wird ja gestanzt, und da scheint es ja erhebliche Irritationen...

Stoiber (zu Lueg) Eben. Desholb wird in Bayern net gestanzt. (zu Schröder) Es ist doch rein fiskalisch egal, ob die Leit wählen, und über ihre Steuern nacha die Wahlkampfkostenerstattung finanzieren, oder ob sie direkt Anteile kaufen!

Gysi Es ist Ihnen aber noch nicht der Gedanke gekommen, dass sich das nicht jeder leisten kann...?

Stoiber Also! Erstens: Hob i von Ihnen noch nie gehört, dass gerade Sie das Leistungsprinzip überhaupt anerkennen. Zweitens: Is dös egal, weil jetzt gehen ja auch net alle wählen. Drittens: Haben wir noch den Vorteil, dass das Prinzip wettbewerbsfähig und Globalisierungs-kompatibel ist.

Schröder Moment mal! Das ist doch alles Quatsch! Wir haben doch schon genug Aktiengesellschaften!

Lueg: Womit wir wieder beim Thema wären. In den USA gibt es auch sehr viele...

Stoiber Die machen aber keine Politik.

Gysi (mit Blick auf Schröders Handy) Manche schon...

Schröder (zu Stoiber) Sie stellen mal wieder die einfachsten demokratischen Prinzipien in Frage. So, wie wir das aus Ihrer Richtung ständig gewohnt sind.

Gysi (müsste eigentlich zustimmen, hält deshalb lieber die Klappe)

Stoiber I kon net erkennen, was an Aktienxellschaften undemokratisch ist. Die Rechtsform gabs scho, da war die Verfassung der USA noch net geschriem...

Lueg Vielen Dank, Herrrrr Stoiber! Damit liefern Sie mit eine wunderrrrrbare Überleitung zu meiner nächsten Frage: Haben die amerikanischen Verfassungsväter überhaupt den Fall vorgesehen, dass...

Gysi Haben sie. Die Medien und die Anwälte haben sie nicht vorgesehen.

Schröder (zu Gysi) Wie war noch Ihr Beruf?

Gysi (zu Schröder) Habe ich die amerikanische Verfassung geschrieben?

Stoiber Gottseidank net! Aber noch oimal zurück zu den Aktienxell...

Lueg Im Interesse der fortschreitenden Sendezeit...

Schröder (zu Lueg) Hähä! Is ja doll, wessen Interessen Sie hier vertreten.

Stoiber ...schaften! Ist doch ganz einfach! Wessen Partei-AG dann den höchsten Kurs hat, wird Bundeskanzler!

Schröder Das ist doch alles Quatsch! Wenn überhaupt, dann ist der Börsenwert massgeblich! Vergleichen Sie doch zB BMW und VW, dann sehen Sie, dass...

Stoiber ...VW ne Standleitung nach Berlin hat.

Gysi (zu Stoiber) Wo sitzt BMW nochmal genau...?

Lueg Das ist ein interessanter Einwurf, Herr Gysi! Wie hat sich denn das Gezerre um die Präsidentschaft auf den Kurs der amerikanischen Töchter...

Stoiber (zu Gysi) In München. Und da bleibts aach!

Schröder Herr Stoiber, damit Sie beruhigt nach Hause gehen können: Ich plane nicht, VW nach Bayern zu verlegen. Hiach, hiach, hiach!

Stoiber Na, logisch! Seit wann haben Sie was mit der Verlegung von VW zu schaffen?

Schröder (Handy klingelt. Schröder dreht sich halb um) Ja? Nein, Herr Piech. Ich sagte nicht "verlegen". Ich sagte "nicht verlegen". ... Nein, ich bin auch nicht verlegen. (legt auf)

Stoiber Interessant.

Lueg Hmmmmmmmm ja, das ist ein interrrrrrrrrrressantes Problem. Kommen wir zur nächsten Frage: Auch wenn wir eine Kombination aus Mehrheits- und Mandatswahlrecht haben, könnte es ja theoretisch nicht ausgeschlossen sein, dass...

Stoiber (zu Lueg) Sehens? Und genau dös wäre auch hinfällig, wenn wir den ganzen Schmarrn auf AG umstellen.

Gysi (zu Stoiber) Wissensewas? Ich mache Ihnen schon im voraus ein Angebot zur feindlichen Übernahme! Hähä!

Stoiber Bitte wos machens?

Gysi Also! Ich erkläre hiermit: Am Tage, an dem die CSU-AG eingetragen wird, biete ich allen Aktionären der CSU PDS-Aktien im Wert von zwei PDS-Parteibüchern im Tausch gegen CSU-Aktien im Wert von einem CSU-Parteibuch. So, Herr Stoiber, Sie sind raus.

Stoiber Was soll der Unsinn? Das nimmt doch niemand ernst. Das könnens doch gar net finanzieren...?!

Gysi Wieso sollten die Leute das nicht ernst nehmen? Gerade die Bayern nehmen sogar Sie ernst! Hähä. Und die Finanzierung ist auch kein Problem. In der PDS sitzen Leute, die haben einen Staat 40 Jahre lang finanziert. Auch dank der Unterstützung durch einen Ihrer Vorgänger! Ich sage nur: Im Privatflugzeug von München nach Leipzig.

Schröder Moment mal! Ich...

Lueg Meine Herren, unsere Sendezeit neigt sich dem Ende zu. Darf ich daher um ein kurzes Abschlussstatement bitten. Beginnen wir bei Herrn...

Schröder Herr Stoiber, Ihre Ideen sind wieder so konfus wie immer. Eine solch gewaltiges Werk, wie die Umstellung einer Demokratie auf Aktienbasis, sollten Sie wirklich Leuten überlassen, die in einer höheren Spielklasse, international eben...

Lueg Genau! Zum Beispiel in den USA. Herr Stoiber: Was glauben Sie, was nun...

Stoiber ..passieren muss? Wir müssen mit aller Kraft dafür sorgen, dass diese Umstellung von Fachleuten angegangen wird, die auch solche sind, und nicht von Provinzfürsten mit direktem Draht zum Provinz-Autowerk, die aber "global player" spielen wollen.

Lueg Herr Gysi: Was meinen Sie, wie die Chancen stehen, dass...

Gysi Ach, wissense wat? Lassense die einfach mal machen. Aus Sicht der PDS kann die Situation dadurch keinesfalls schlimmer werden. Besser wirdse aber auch nicht. Ich freue mich schon auf Übernahmeverhandlungen, Diskussionen über Synergie-Effekte, Klagen wegen abgewiesener Anträge auf Gründung neuer Partei-AGs und so weiter. Aber: Was war eigentlich Ihre Frage, Herr Lueg?

Lueg Vielen Dank, meine Herren. Damit verabschieden wirrrrrrrr uns für heute von Ihnen, liebe Zuschauerinnenn und Zuschauer. Die nächste Sendung dieser Reihe sehen Sie Ende 2001 unter dem Thema "Elefantenrunde zum Winterwetter". Als Gäste sind angefragt:

Wir freuen uns auf eine spannende Diskussion. Guten Abend. (luegcheln)

<tv=off>

Tja. Auch diese Diskussion konnte die Eingangsfrage nicht klären. Schade auch.

© Rainer Kersten, published under GPL